Arbeitnehmer*innen einer bulgarischen Textilfabrik können dank des EU-Lieferkettengesetzes endlich gut von ihrer Arbeit leben.
Lange hat es gedauert, lange wurde weggesehen, doch nun berichten Gewerkschaften und Menschrechtsorganisationen erstmals von einem Erfolg für die Menschenrechte in der Textilindustrie.
Seitdem das EU-Lieferkettengesetz 2023 in Kraft getreten ist, sind europäische Unternehmen dazu verpflichtet, entlang ihrer gesamten Lieferketten u.a. auf die Einhaltung von existenzsichernden Löhnen und Einkommen zu achten.
Nach vielen Katastrophenmeldungen aus der Textilindustrie mit vielen Toten durch die Missachtung von Sorgfaltspflichten und Arbeitsschutzmaßnahmen, hat das EU-Lieferkettengesetz die Verantwortung in den Lieferketten nun klar geregelt.
„Endlich kann ich von meiner Arbeit leben. Es klingt so banal, doch es verändert mein Leben enorm.“ – Wanja Nikolova, Arbeiterin in einer bulgarischen Textilfabrik.
Durch die Verpflichtung der Zahlung von existenzsichernden Löhnen können Arbeiter*innen in europäischen Textilfabriken sich zum ersten Mal gesunde Lebensmittel leisten und Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten. Möglichkeiten, die vielen selbstverständlich erscheinen.
Das berichten nicht nur europäische Textilunternehmen, sondern auch Arbeitnehmer*innengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen.
Diese Entwicklung wurde vor allem möglich, weil Unternehmen endlich auch ihre Einkaufs- und Preispolitik verändert haben. Der Teufelskreis von Dumping-Preisen, die nicht einmal die Produktionskosten gedeckt haben, wurde somit endlich beendet. Auch hierfür hat das europäische Gesetz zur Sorgfaltspflicht in Lieferketten 2023 einen wichtigen Grundstein gelegt.
Dies ist jedoch leider nur ein fiktiver Artikel! Aktuell lassen viele Textilunternehmen ihre Waren in osteuropäischen Ländern produzieren und werben damit, dass in ihren Lieferketten auf Mindestlöhne geachtet wird. Doch „Made in Europe“ ist leider schon lange keine Garantie für die Einhaltung der Qualitätsmerkmale für Menschenrechte. Es gelten zwar Mindestlöhne, doch die liegen in vielen Ländern Europas weit unter dem, was ein Mensch für ein existenzsicherndes Leben – kurz Living Wage[1] – benötigt. Im Durchschnitt decken die Mindestlöhne osteuropäischer Länder nicht einmal ein Viertel des Living Wage ab.
Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf ein gerechtes und angemessenes Entgelt, das ihm und seiner Familie ein menschenwürdiges Dasein sichert. Bulgarien ist hier nur ein Beispiel unter vielen. Der gesetzliche Mindestlohn verhindert nicht, dass Arbeitnehmer*innen in die Armut abrutschen, sondern ist im Gegenteil ein Zeichen dafür, dass sie arm sind.
Deshalb machen die Weltläden deutschlandweit mit vielen Aktionen am diesjährigen Weltladentag am 13. Mai 2023, unter dem Motto „Mächtig FAIR“ darauf aufmerksam, dass internationale Lieferketten endlich gerechter werden müssen und nicht mehr auf Ausbeutung basieren. Mit einem EU-weiten Gesetz, das existenzsichernde Löhne und Einkommen entlang der gesamten Lieferkette verpflichtet, können Lieferketten „Mächtig FAIR“ werden. Es kann Unternehmen zur Verantwortungsübernahme für Menschenrechte, Umwelt und Klima in ihren Auslandsgeschäften verpflichten und damit die Lebenssituation zahlreicher Menschen verbessern – auf Kakaoplantagen, im Bergbau oder Textilfabriken. Es kann die Zahlung existenzsichernder Löhne und Einkommen einfordern und damit dazu beitragen, dass Familien in Würde von ihrer Arbeit leben, und Wohnung, gesunde Ernährung und andere Grundbedürfnisse bezahlen können. Es kann Betroffenen von Menschenrechtsverstößen Zugang zu Gerichten ermöglichen und die Schlupflöcher schließen, die das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz von 2021 aufweist. Mehr zum Thema EU-Lieferkettengesetz können Sie erfahren unter www.weltladen.de/ kampagne
Quelle: Weltladen-Dachverband e.V.
Marion Dorner, Eine Welt Verein Kressbronn
[1] Entlohnung, die für einen menschenwürdigen Lebensstandard (Ernährung, Wasser, Wohnen, Ausbildung, Gesundheitsvorsorge, Kleidung und andere essenzielle Bedürfnisse) ausreicht